WrestleMania 25

„einfach nur erbärmlich“ // „ein Desaster“ // „einfach unwürdig“

Wer scheiterte nicht schon alles an einer zu großen Erwartungshaltung… „Jäzz ist anders“, „Indiana Jones IV“, jeder erdenkliche Lotto-Jackpot. Und nun auch WrestleMania 25. Die größte Wrestlingshow aller Zeiten, zumindest sollte sie das sein. Nein, sie war es nicht. Sie war nicht das Highlight aus 25 Jahren WWE Geschichte. Das Leitermatch zwischen Shawn Michaels und Razor Ramon fand genau wie der Bruderfight zwischen Bret und Owen Hart bei WrestleMania 10 statt. Der Austin/Hitman-Doppelturn noch ein paar Jahre später und auch die Stimmung bei Rock/Hogan oder die Emotion der Siegesfeier von Chris Benoit und Eddie Guerrero waren allesamt nicht Teil von WrestleMania 25. Am Ende schockte Edge auch nicht wie sonst bei jedem zweiten WWE-PPV die Welt, in dem er sämtliches Booking und jeglichen Fehdenaufbau mit Füßen trat und sich am Ende über irgendeinen mehr oder weniger geschickten Schachzug ganz überraschend den World Title sicherte. Nicht einmal die von den Smart-Marks so heißgeliebten Heels durften die wichtigen Matches dieser vermeintlich größten Wrestlingshow aller Zeiten gewinnen – sondern, häh? Die Lieblinge der Massen? Die Sieger der Titelkämpfe hießen Rey Mysterio, Triple H und John Cena?

Man war weit davon entfernt, die größte Wrestlingshow der Universumsgeschichte abgelegt zu haben und jeder, der das erwartet hatte, wurde enttäuscht. Und ja, genau das ist die richtige Strategie, genau das ist es, was uns alle zu Fans gemacht hat, warum wir diesen Sport so lieben lernten: Wir malen uns eine Erwartungshaltung aus und entwerfen eine imaginäre Checkliste, die wir nach und nach, Match für Match, Segment für Segment gedanklich ablaufen lassen und auf deren Grundlage wir alles Gesehene bewerten:

Laufende Nummer 1: Money in the Bank. Checklisten-Fakten: Christian gewinnt nicht. Shelton’s Knochen zersplittern nicht an einer Leiter. Fazit: Scheiß Match.
Laufende Nummer 2: Kid Rock. Checklisten-Fakten: Verbrauchte Zeit, der Tag Team Kampf wurde zum Dark Match. Fazit: Unterirdischer Auftritt.
Laufende Nummer 3: Diven-Battle-Royal. Checklisten-Fakten: Diven-Battle-Royal. Fazit: Zeitverschwendung.
Laufende Nummer 4: Legenden-Match. Checklisten-Fakten: Snuka ist ein unbeweglicher klotz. Austin tritt nicht auf. Hogan und Rock auch nicht. Fazit: Crap-Booking.
Laufende Nummer 5: ach was, ist egal, das Prinzip dürfte verstanden sein.

Ich liebe diese Strategie. Genießen, was man sieht, ohne jeden kleinen Zipfel zu ergreifen, der nicht 100%ig optimal war, das ist Old School, das ist out, das ist nicht mehr Mainstream. Nach dieser WrestleMania kann man kein WWE-Fan mehr sein – viele Stimmen äußerten genau dies, stellten ihre Verbundenheit zum gesamten Produkt in Frage. Aufgrund einer Show, die man sich selbst zum Desaster redete, die man selbst der Unwürdigkeit preisgab. Es waren nicht die Booker oder ein liebloser Vince McMahon, der sein Baby verrotten ließ. Es war jeder einzelne, der sich nicht auf die Show hat einlassen wollen. Bret screwed Bret.

Woher kommt das? Wie kann es passieren, dass eine Show wie WrestleMania solche Emotionen bei der Internet-Wrestlinggemeinde auslöst, zu solchem Ärger führt? Pushen wir uns selbst zu stark hoch? Bauen wir durch unsere etlichen Spoiler, Gerüchte oder hanebüchenen Ideen und Erwartungen selbst eine Mauer auf, die eine Show einfach nicht durchbrechen kann? Was, wenn wir die Cards von WrestleMania 25 und No Way Out 2009 tauschen würden? Hätte WrestleMania von Deutschlands bester Internet-Community dann die Note „1,4“ bekommen und No Way Out die Note „4,2“? Hätte man das No Way Out, bei dem sich der Undertaker und Shawn Michaels das wahnsinnigste Match seit… Jahren lieferten im Schnitt mit einem schlechten Ausreichend beurteilt? Wenn bei derselben Show ein spektakuläres 8-Mann-Leitermatch mit einem tollen und überraschenden Sieger stattgefunden hätte? Wenn Ricky Steamboat bei derselben Show ein nie erwartet gutes Comeback in den Ring startete? Wenn sich bei No Way Out einer der wichtigsten Stars der letzten Jahre auf seine Art und Weise verabschiedet hätte, ein toller Street Fight zwischen den Hardy-Brüdern präsentiert worden wäre?

Natürlich hätte man No Way Out dann in der Luft zerrissen, denn schließlich beendete man den intensiv geführten Main Event viel zu plötzlich, ohne es wie ausnahmslos immer nach einer Finisher-Kickout-Battle zu gestalten, man musste sich drei jämmerliche Aktionen eines Has-Beens ansehen und ein zehnminütiges Triple-Threat-Match bei dem jemand siegte, den man nicht mochte und dessen Matchqualität sich erdreistete, kein Kandidat für den Match of the Year Award zu werden.

Klar, der Vergleich zwischen den beiden Marken „No Way Out“ und „WrestleMania 25“ harkt natürlich. Doch warum harkt er? Weil uns WWE sagt, dass er harkt? Oder weil wir selbst uns einreden, dass er harkt? Was wollten wir denn sehen? Batista hätte einen Abend früher zurückkommen können. Randy Orton hätte nach dem Pedigree auskicken können und Triple H am besten noch nach 17 RKO’s. John Cenas Sieg hätte man am besten noch durch ein längeres Match aufgebaut und diese Zeit und die zusätzliche Zeit, die man dem Intercontinental-Match hätte zuschreiben wollen, hätte man am Besten dem Undertaker-Michaels-Match abgezogen. Hätte Hätte Hätte. Hätte liegt im Bette.

Warum ist WrestleMania 25 sich selbst unwürdig gewesen? Was hätte sie denn würdiger gemacht? Wollt ihr WCW-Booking? Hätte das die Jubiläumsausgabe würdig gemacht? Ein matchzeitklauendes Interview-Segment eines Heels, bei dem am Ende Hogan oder Rock auftauchen und den Bösewicht vertrimmen? Mehr Blut? Brennende Tische? Oder fehlte einfach Pete Rose?

Es ist in keinster Weise sinnvoll, WrestleMania zur besten Show aller Zeiten zu küren und alles an ihr schönzureden. Das World Title Match war langweilig, der Main Event zu überraschungsarm. Ja. Das war so. Wenn ich aber genau die gegenteiligen Demontagen der Show lese, denke ich, dass jeder Fan der diese Show gesehen hat und als solch ein Desaster beschreibt, nicht nur seine Einstellung WWE gegenüber überdenken sollte, sondern seine Einstellung zum Fandasein. Seine Einstellung auf die Art und Weise, wie er Wrestling verfolgt, wie er die gebotene Unterhaltung an sich heran lässt. Ist das Ziel, eine Show zu schauen, sich berieseln zu lassen, sich unterhalten zu lassen – oder ist das Ziel Gründe zu sammeln, sich aufregen zu können?

WrestleMania 25 war nicht die Show, die sie hätte sein können und auch darüber bin ich ein wenig enttäuscht. Sehr stolz bin ich aber auf die Tatsache, dass ich noch immer Mark sein kann, wenn es nötig ist, dass ich die Shows immer noch als Fan sehen kann, als jemand, der sich unterhalten lässt und der einfach eine Wrestlingshow sieht. Hassreden sind momentan in Mode und wenn selbst Germany’s Next Rehkitz Jürgen Klinsmann eine Hassrede präsentieren darf, dann muss ich diese Steilvorlage einfach nutzen und diese mir ganz wichtige Lanze brechen. Die Lanze für eine Show, die mir gefallen hat. Und deshalb geht dieses Bash’Em auch nicht an die Show „WrestleMania 25“ sondern an seine Kritiker. Ihr wollt subjektiv sein – Hell Yeah – da mach ich mit.